„Folget was des Custodis wohnung undt besoldung sey.
Nach dem die Küsterei so wohl als daß Pfarrhause in vergangenen Kriege biß auff den grundt abgerissen, ist dieselbe wieder erbaut worden, also daß ein Küster nottürfftiglich seine wohnung darin haben kan.
Belangendt des Custotis besoldung, hatt er zwei stück sandiges Ackers, darauff er etwa 3 Scheffel oder etwas mehr außseen kan.
Er hat zwei morgen grases auf den Morgen Zahl neben des Pfarrers sechs morgen gelegen.
Uf der gräsing hatt Er ein stück grases, der Küsterhorn genannt, darauff er etwa ein par fuder heu gewinnen kan.
Daß holz so auf den beyden morgen wachset, hatt der küster macht abzuhauen, wens Zeit ist.
Außer diesen bekömpt er alle quartal von einen ieglichen hauswirth 1 groschen: Ein hausgenoß gibt die helffte, so er ein weib hatt.
Zum Osterfest undt Neuen Jahr bekömpt Er dem Pfarrer gleich von jedem hauswirth 2 gg.
Von der Kirchen, dafür, daß er alle Sontage vor den Epistel ein Capitel auß der Bibel lieset, bekömpt er drey Scheffel rocken uf ostern betaget; undt weil die besoldung gar gering, ist ihm noch ein thl von der Kirchen Anno 1649 zugeleget worden.
Daß er auch daß Jahr über Oblaten undt wein zur Communion holet, bekömpt Er von der Kirchen 6 gg.
NB. Vor den Kriegswesen, da noch ein Uhrwerk in der Kirchen gewesen, hatt der Küster für daß Zeigerstellen bekommen, 1 thl 18gg oder 2 gute fl.
Die Accidentia des Custotis betreffendt, bekömpt er von einer copulation 6gg; von einer Kindttauffen 1 gg 5 pf. von einem schlechten funere, wen kein psalm vor der thür gesungen wirdt, bekömpt Er 1 gg 6 pf: wen ein leichpredigt geschieht 6 gg.
Der Küster muß eben so wohl alß der Pfarrer für sein Rindt- unde Schwein Viehe das hirtenlohn geben: welches aber nicht löblich ist.“
Mit löblichem Eifer hat uns Kretschmar so ein Abbild ferner Tage vor Augen geführt. Ein lustiges Gegenstück zu dieser Aufzählung geben die Visitationsprotokolle des Jahres 1651, in denen der Pastor angibt, er haben „sonsten bisher meistenteils selbsten Schulgehalten weil der Schulmeister zu besserem auskommen sein Schneiderhandwerk getrieben“. Und nicht nur beim Custos Andreas Schmidt aus Mahlwinkel war das so. Nein – in jener guten alten Zeit vereinte meist eine leibliche Hülle das Amt des Lehrers und des Schneiders.
Da es kaum liebreich wäre den Leser hier mit belanglosen Zahlen zu plagen, er über die Kantoren Braunholz und Niemann auch sonst z. B. nur die Anzahl ihrer Kinder erfahren könnte – jeder besaß deren 12 -, so möge er mit kühnem Griff 90 Jahre der Geschichte überschlagen.
„Anno 1741 Ist die hiesige Schulwohnung vom Grunde auf neu gebaut worden, welche insgesamt gekostet 340 rh. 13 gg 11 pf, dazu die Kosten ins gesamt auf dem Kirchen aerario genommen worden. Gott lasse den Wunsch des damahligen Predigers, welcher über die Schulthür eingehauen ist, stets reichl. erfüllet werden, und erhore das gebet allen Nachkommen zugute, welches derselbe nach der Einweihungs Rede in diesem neuen Schulgebäude vor Gottes Angesicht verrichtet.“
Schon wieder findet sich nach dieser Mitteilung eine Lücke in der Berichterstattung. Nun ja, was hätte man auch über solch einen Schulmeister sagen sollen. Er arbeitet tagaus, tagein die vorgeschriebene Zeit und sucht die ihm anvertrauten zu unterweisen und zu festigen in den Anfängen der christlichen Religion und des notwendigsten Wissens. Frucht und Lohn war ein kärgliches Gehalt und – oftmals – der Undank der Gemeinde.
Vielleicht ist es nicht zwecklos hier auch einmal eine Berufungsurkunde zum Abdruck zu bringen:
„JCH Johann Friedrich Carl von Alvensleben Königl. Großbrittannischer und Churfürstl. Braunschweig Lüneburgischer Etat Ministre und wirklicher Geheimbder Rath auf Calbe, Neugattersleben, Woltersdorff, Gloethe, Randau, Schermen, Plate, Moeser und Badingen Erbherr, hiermit als Erbherr Kirchen und Schul-Patron zu Randau uhrkunde und bekenne daß Ich auf freiwilligen Abzug und beschehene Dienstaufsagung des dortigen Cantoris und Schulhalter Wattenberg den Schüler der Stadt Schule zu Magdeburg Johann Peter Kühne aus Eikendorff in Betracht seines mir angerühmten christlichen Wandels und Schulgaben auch deshalb beigebrachtem guten Zeugniß zum Cantor, Organisten und Schulhalter bei der Kirche und Schule zu Randau ordentlich berufen, berufe ihn auch hiermit dazu, so, daß er seinen mit Hand und Mund gethanen Versprechen gemäß, sich in solchem Dienste nach aller schuldigen Gebühr, wie es von einem treu fleißigen Cantor und Schulmann erfordert wird, verhalte. Mir als seinem Patrono und gerichts Obrigkeit alle gebührende Treue und Gehorsam bezeige, seinem vorgesetzten Prediger mit schuldiger Achtung begegne, und dessen Anweisungen und Bestimmungen in Kirchen- Schul- und Amts Sachen willige Folge leiste, auch männiglich und besonders seinen anvertrauten Schulkindern allstets mit einem unsträflichen Leben und Wandel vorgehe, und sich eifrig angelegen sein lasse selbige in den ersten und nöthigsten Gründen der reinen christlichen Lehre, so wie solche in der heiligen Schrift verfasset, und von dem seel. Luthero in seinem Cathechismo vorgetragen, zu unterrichten, so daß sie in der wahren Erkenntniß und Furcht Gottes je mehr und mehr wachsen und zunehmen, wie er denn auch selbige im Schreiben, Rechnen und Singen zu unterrichten, und zu anständigen Sitten gebührend anzuweisen, und die blöde Gemüther mit Sanftmuth anzuregen, und seine Untergebenen nach deren Gemüths Beschaffenheit durch vernünftige Disciplin in Ordnung zu halten, auch seinen Cantorat Dienst gebührend zu versehen, die Orgel zu spielen, und den öffentlichen Gottesdienst auch in den wöchentlichen Betstunden abzuwarten, wie er denn auf Verlangen des Herrn Predigers des Sonntags Nachmittags ein Capitul aus der Bibel oder eine erbauliche Predigt aus einer Postille der Gemeinde zu verlesen, oder auch die Jugend zu cathechisiren, so wie es angeordnet und ihm aufgegeben werden wird, und sich überhaupt so verhalte, wie es einem gottesfürchtigen redlichen und gewissenhaften Kirchen und Schuldiener gebühret, wozu ihm der dreieinige Gott Gnade und Segen verleihen wollte, und soll er dagegen, das mit dieser function verbundene Gehalt und Accidentien zu geniessen, auch bei seinem guten Verhalten auch allen geneigten Willen zugewarten haben: dessen zur Uhrkunde ich diese Vocation und Bestallung ihm ausgereichet, solche mit meinem angebohrnen Pettschafte bedruckt und eigenhändig unterschrieben.
So geschehen London den 5ten April 1790.
L.S. Johann Friedrich Carl von Alvensleben.“
Wie gesagt ist wenig oder gar nichts von dem Wirken und Walten im Kantorat überliefert. Doch sprechen einige Zahlen deutlich davon, daß Randau mit seinen Jugenderziehern nicht schlecht bestellt gewesen ist. Denn in zwei Jahrhunderten sind nicht mehr als sieben Lehrer zum Wohle der Gemeinde tätig gewesen.
Sicher war es zum Besten, daß fast keiner weniger als 30 Jahre hier lebte und schaltete. Denn so kam er nach und nach in engere Fühlung mit den Bauern und ihrem ganzen Wesen und konnte mitarbeiten an der Erhaltung des Guten in Art und Lebensweise der Dörfler.
Als im Jahre 1828 August Ferdinand Löwe an die Stelle Kühnes tritt, besteht das Kantorat aus einer bequemen, ziemlich geräumigen Wohnung mit drei Stuben, einer Kammer, einem Keller und einem guten Boden. Dicht daneben steht ein zum Schulsaal eigens bestimmtes Gebäude mit Boden. Eine kleine Scheune und ein paar Viehställe bilden die anderen Seiten des Hofraums. Dazu gehören drei Gärten, von denen zwei um die Gebäude liegen, der dritte im Göbs. Dem Küster steht die Benutzung des Gemeindeangers in den Rechten eines Kossaten zu, also durch milchtragende Kühe, dazu Rinder oder Kälber nebst Gänsen und Schweinen. Im Jahre 1840 betragen die Einkünfte der Schulstelle noch die Spottsumme von 340 rthl. 10 Sgr. Im Jahre 1886 wid das pensionsrechnungsfähige Gehalt der Lehrer- und Küsterstelle auf 2001 Mark 35 Pf. festgesetzt.
Auf Löwe ist dann Philipp Möhring gefolgt, „der das erste Examen mit Note 1 so tüchtig bestanden, daß ihm das zweite erlassen wurde“. Nach seinem Tode verwaltete Candidat Tilger ein halbes Jahr lang die Stelle, bis am 3. Oktober 1890 Kantor Otto Ramme seinen Einzug hält. – Für Jugend und Gemeinde ist Ramme stets eifrigst tätig gewesen. Knaben und Mädchen verehren in ihm den väterlichen Freund, der sich so ganz ihrem Wesen anpaßt und neben Ernst und Arbeit auch Frohmut und lustiges Lachen in die kleine Schar hineinträgt. Und wer von uns Randauern denkt nicht der Stunden, da dieser selbe Mann, dem irdischen Getriebe entrückt, vor seiner Orgel sitzt und mächtig in Tasten und Register greift. Da tönte einst an einem Totensonntag der gewaltige Trauermarsch aus einer Sonate Beethovens.
Sebastian Bach grüßt oftmals die andächtige Gemeinde. Und Heiligabend lauscht das ganze Dorf ergriffen weltenfernen Klängen, die unsre Orgel uns als Weihnachtsgabe bietet. Und wer den Kirchenchor mit seinen jubelnd hellen Kinderstimmchen hörte, und wem einmal der Niederländer Dankgebet vierstimmig von dem neugeschaffnen Chor der schulentwachsnen Jugend klang, der weiß: ein Mann steht wiederum an dieser Stelle, der seinen Namen unauslöschlich schreibt in aller derer Herzen, die mit ihm und um ihn leben und wachsen.
- Unser altes Randau
- Teil 1 – Vorwort
- Teil 2 – Aus frühesten Zeiten
- Teil 3 – Randau unter dem Wappen derer von Alvensleben
- Teil 4 – Kirche und Pfarre vor dem Dreißigjährigen Kriege
- Teil 5 – Kretschmar
- Teil 6 – Kratzenstein
- Teil 7 – Münnich
- Teil 8 – Patronatsverhältnisse um 1700
- Teil 9 – Kirchbau
- Teil 10 – Kantorat und Schule
- Teil 11 – Der Greifenwerder
- Teil 12 – Aus dem Dorfe Randau
- Teil 13 – Vom Rittergute Randau
- Schluss – Die Sage von der Ahnenfrau der alten Burg Randau
Anlagen: