Ehe wir die Schwelle des 19. Jahrhunderts überschreiten, bleibt uns noch die Aufgabe einmal die etwas verwickelten Patronatsverhältnisse zu Beginn des 18. Jahrhunderts zu betrachten. Vielleicht ist dem Leser schon der Name von Pfuhl und von Walchhausen in Verbindung mit dem Vocationsrecht aufgefallen. In den alten Lehnsbriefen sind die Gerechtsame eines Patrons der Kirche zu Randau immer mit dem Besitz des Rittergutes verbunden. Bei der Präsentation des Pastors Henning Theophil Matthaei im Jahre 1686 erwähnt Ludolf von Alvensleben nun zufällig sein jus patronatus. Die Regierung antwortet umgehend, die Gemeinde müsse die Vocation mit ausfertigen. Ludolf weist sofort sein Recht nach und bekommt als Entgelt dafür vom Kurfürsten einen starken Verweis, daß er einer Frau einen Erlaubnisschein zur Heirat ausgestellt hatte, obgleich der Tod des ersten Mannes nicht genügend bescheinigt war. „Du wollest hin füro bey Ausstellung sothaner Scheine behutsamer gehen und jegliche ärgerliche und straffbaren Dine verhüten helffen.“ Doch noch befand sich Ludolf im Besitze des juris patronatus. Anders, als Matthaei gestorben war. Da lesen wir in den Akten des Magdeburger Staats-Archivs *) einen Brief an das Kurfürstlich Brandenburgische Konsistorium vom 13. Juni 1694:

„Es sind nunmehro 8 Wochen, daß der Pfarrer zu  Randau, Henning Theophilus Matthaei, sich von dann weg gewendet, ohne daß man weiß, wohin er gekommen. Alß denn die von ihm Selbst also ledig gemachte Pfarr Stelle nothwendig zuersetzen seyn will, E. Excell. und Unsern Hochgeehrten Herrn auch vorhin nicht unbekandt, was für viele Verdrüßlichkeiten die Unterthanen zu Randau mit dem Prediger Matthaei gehabt, daß er offters in vielen Wochen den Gottesdienst nicht abgehalten, besondern seine anvertraute gemeine und Seelen Kinder in der Irre gleichsam gelassen; So vernehmen Wir auch, was massen Herr Ludolf von Alvensleben alß Lehen- undt Gerichts Herr zu gedachten Randau sich dieserhalben bereits solle moviret und E. Excell. und Unsern Hochgeehrten Herren angesuchet haben, Sie dem von ihm praesentirteb die Canzel zu einer Proben Predigt eröfnen zulassen, resolviren wolten. Alleine wie der von Alvensleben sich dießfallß eines Dinges angemaßet, daß ihm de praesenti nicht zustehet. So belieben E. Excell. und Unsere Hochgeehrten Herren auch aus dem Anschluß zuersehen, Wasmaßen Wir in das Guth Randau in abgewichenen Jahre Schulden halber immittiret, und unß das Pfarr Lehe nicht angewiesen und übergeben worden. Wir wollen dem nach wieder des von Alvensleben ungebührliches Beginnen nicht alleine feyerlichst hierdurch protestiren, besondern Wir praesentiren hiermit auch Krafft unseres Immission-Rechtes zu solcher vacirenden Pfarrstelle, Herrn Johann George Kratzenstein, s. s. Theolog. Studiosum in Magdeburg, so bishero in der Peterskirche daselbst die Nachmittags Predigten verrichtet; Und ersuchen Euer Excell. und unsere Hochgeehrten Herrn dienstlichst, Sie wollen hochgeneigt dem Herrn Inspectori des orths committiren, daß er nebst uns ermelten Kratzensteinen die Canzel zu Randau zur Ablegung einer Probpredigt förderlichst eröffnen und die Eingepfarrten demnechst mit Befragen solle, ob die bey seiner Lehre Leben und Wandel ichtwas zu erinnern, damit davon auf weiter geschehen könne, was der Sachen nothwendigkeit erfordert, die Wir dafür           

E. Excell p. p.

Catharina Margaretha von P(h)uhl

Adam Günther von Löben

Jobst Albrecht von Walchhausen.”

Das war so zugegangen. In einem Spezialkommissions-Termin vom 16. November 1693 waren „Frau von P(h)uhl und Konsorten“ für eine Schuldforderung an den von Alvensleben von 3000 Thl. Kapital, 3000 Thl. Zinsen davon, 20 Thl. Strafgelder und 48 Thl. 16 gg damals verursachter Unkosten in „das zum objecto Executionis angegebene guth Randau, auch allen und jeden dessen pertinentien und Ackerbau, Wiesenwachs holtz- Vieh und Schafferey Nutzungen, Gerichtsbarkeit, Pfarr Lehen. Jagten und Fischereyen, Lehenn, Zinsen, Diensten, Schoß- und Stromgeldern,  nichts davon ausgeschlossen, nunmehro würklich immittiret, daß wir nicht allein die Sämbtlichen Unerthanen zu Randau, zur gebührenden parition und Abgebung ihrer Schuldigen gefälle an die Frau von Pfuhl, auch Ihren, Ihnen zugleich vorgestelleten gerichtshalter, Herrn Johann Schwedlern, Accis Directorn in Frohse, abgestelleten handgelöbnisse, willigst und gehorsambst anerklähret, Besondern Ihnen der Frau von P(h)uhl und Consorten auch die gewöhnlichen Signa an Einem, aus dem Alvenslebischen Thor Wege zu Randau ausgeschnittenen und einen aus der Holtzung von einen Eichbaume abgehauenen Spaan, einem Stückgen ausgestochenen Rasen aus den wiesen, sambt einer hand voll Erden von denen Aeckern in vom verae et realis Immissionis eingeliefert und übergeben.“

Am 19. September 1694 protestiert Ludolf endlich beim Konsistorium gegen dieses Recht der Pfuhlin. Auch habe er gegen Person, Lehre und Wandel des präsentierten Predigers Erhebliches genug einzuwenden. Er habe das jus patronatus der von Pfuhl niemals zuerkannt. Schon am folgenden Tage erhält er den abschlägigen Bescheid. Die Pfuhlin sei gerichtlich immittiert. Seit 1693 ist also die Familie von Pfuhl im rechtmäßigen Besitze  des Rittergutes Randau mit allen zugehörigen Rechten und Gerechtsamen. So ist die Vocation des Pfarrers Linde unterzeichnet mit „Jobst Albrecht von Walchhausen, In Vormundschaft der Sämbtl. Pfuhlischen Herren Erben“. Vogels Berufungsurkunde enthält die Unterschriften „Adam Heinrich  von Phuel, vor mich und im Nahmen der übrigen Pfulischen Erben –  Anna Catharina von Phuel, Witbe von Walchhausen, vor mich und in Vormundschafft meiner Kinder.“ Becker endlich wird vociert von „Anna Catharina von Phuel witbe von Walchhausen, Vor mich und in Vollmacht der Phuelischen und Walchhausischen Erben“.

Jetzt wird es jedoch Ludolf von Alvensleben zu viel. Er erhebt zunächst unter dem 10. Juli 1715 von Magdeburg aus Einspruch beim Konsistorium gegen das Vorgehen der Phuelischen Erben. Wenn überhaupt die Immission zu Recht erfolgt sei, so wäre sie nach den Rechnungsbelegen jetzt längst erloschen. Denn die Immittierten hätten schon 23 600 Thl. aus dem Gute gewonnen, während ihnen doch nach den Akten nicht halb so viel – nämlich 11 000 Thl. – zuständen. Ein königliches Dekret weist ihn wiederum ab, bis er eine genaue Abrechnung eingereicht habe. Nach einigen Jahren scheint er dann endlich zu seinem Recht gekommen zu sein. Die Phuelschen Erben werden exmittiert. Der Pfarrer Johann Melchior Becker wird nach Eisleben versetzt, und am 20. Januar 1724 kann Ludolf von Alvensleben beruhigt den Rektor der Schule zu Seehausen, Andreas Julius Solbrig, zum Pfarramt von Randau präsentieren.

 *) Rep. A 12 Special Randau 1.