Gärtnerärger über Raupen in Magdeburg

21.10.2020 Volksstimme

Schädlinge: Buchsbaumzünsler

Der Zünsler wird als Pflanzenschädling in Magdeburg noch unterschätzt –
mit verheerenden Folgen.

Von Michaela Schröder

 Brigitte Snigula hinter ihrer kahlgefressenen Buchsbaumhecke im Nordwesten Magdeburgs. Foto: Luise Bergelt 

 
 

Magdeburg l Dürre Äste, beige-gelbliche Blätter, abgestorbene Triebe – auf den ersten Blick könnte man meinen, der Buchsbaum hat in den vergangenen Hitzeperioden zu wenig Wasser bekommen. Doch der Grund für das kahle Erscheinungsbild ist oft ein schlimmerer. Hinter dem kränkelnden Buchsbaum verbirgt sich immer häufiger eine neue, vielen noch unbekannte Schädlingsplage: der Buchsbaumzünsler.

Nimmt man seinen Buchsbaum genauer unter die Lupe und entdeckt Gespinst, klumpige Kügelchen und abgefressene Blätter, dann ist die Pflanze schon in akuter Gefahr. Denn der Befall durch den Buchsbaumzünsler beginnt schleichend und bleibt zunächst unentdeckt: Die Falter legen ihre Eier zwischen das Geäst des Busches.

Eier zwischen Ästen abgelegt

Aus ihnen schlüpfen Raupen, die sich von innen nach außen fressen und nicht aufhören, ehe nichts mehr von dem Grün übrig ist oder sie sich verpuppen. Dann werden sie zu neuen Faltern, die wiederum ihre Eier zwischen den Ästen ablegen. Es beginnt ein Teufelskreis, den Brigitte Snigula aus Nordwest nun bereits seit mehreren Wochen versucht zu unterbrechen. Einen riesigen Buchsbusch musste sie bereits entfernen, der war nicht mehr zu retten.

Mit Hausmitteln nur schwer loszuwerden

Um das restliche Grün kämpft sie täglich: Nachdem die Zünsler-Gefahr erkannt war, sammelt sie zunächst vier Tage lang jeden Morgen die Raupen mit Gummihandschuhen und Pinzetten von den Blättern. Mit dem Gartenschlauch befreit sie das Geäst von Gespinst und Kotnester-Kügelchen, um die übrig gebliebenen Blätter schließlich mit Schädlingsbekämpfungsmittel aus dem Fachhandel zu besprühen. Dieses kann den Blättern nichts anhaben, schädigt aber die blätterfressenden Raupen. Gegen die Falter selbst hat sie Fallen besorgt, die die flatternden Schädlinge mit einem Duftstoff anlocken. Bis zu 20 von ihnen landen pro Nacht in jeder ihrer Fallen – und es werden immer mehr.

Probleme nicht nur in Magdeburg

„Mir liegt die Aufklärung über den Buchsbaumzünsler am Herzen, denn viele wissen gar nicht, dass es schon so ein großes Problem ist“, so die 70-jährige Magdeburgerin. Auf ihren Hinweis hin haben schon viele Freunde aus Hohenwarthe, Möser, Cracau, Olvenstedt und Diesdorf den Schaden in ihrem eigenen Buchsbaum entdecken können. Auch die meisten ihrer Nachbarn seien bereits von der gefräßigen Raupe und dem von Garten zu Garten ziehenden Falter betroffen.

Süßlicher Geruch

Über den Buchsbäumen entlang der Straße liegt ein kaum wahrnehmbarer und unangenehm süßlicher Geruch des Raupenkots. Nach dem Feststellen, dem Entsetzen und Behandeln kann Brigitte Snigula nun nur noch hoffen. Sie hofft auf eine größere Aufmerksamkeit und Unterstützung durch Leidensgenossen: Denn der Zünsler kennt keine Gartenzäune und unterscheidet nicht zwischen privaten und öffentlichen Grünflächen. Um der Plage ein Ende zu bereiten, bedarf es also auch des grünen Daumens der Stadt und dessen Wirkens. Ähnlich geht es den Anwohnern im Zipkeleber Weg in Prester. „Der Zünsler hat sich in diesem Jahr explosionsartig vermehrt“, berichten die Anwohnerinnen Brigitte Otte und Annegret Kempa. Erste Nachbarn verabschieden sich bereits von der immergrünen Pflanze. Christina Garz hat den Kampf aufgegeben und ihre Buchsbaumhecke, die bislang als Sichtschutz diente, entfernt. 20 Jahre hatte sie die zwei Meter große Hecke gehegt und gepflegt.

Raupe des Buchsbaum-Zünslers. Wenn sie erst feststellbar sind, ist es (meist) zu spät. Foto: Uwe Bierschenk

Raupenplage setzt sich fort

„Eigentlich hilft nur zu spritzen – sofern man den Buchsbaum denn erhalten will“, sagt Brigitte Otte, die es schon vergeblich mit diversen Hausmitteln, Algenkalk und einem Essig-Öl-Gemisch versucht hat. Ein Großteil von Brigitte Ottes Gartens besteht aus in Form geschnittenen Buchsbäumen. Aufgeben gegen den Buchsbaumzünsler will sie noch nicht. Ein wenig Trost sei, dass auch die anderen Gärten betroffen seien und man nicht alleine sei mit der Raupenplage. Die Landeshauptstadt selbst hat nur einen kleinen Bestand an Buchsbaumgehölzen auf ihren kommunalen Grünflächen, der zum überwiegenden Teil keinen Befall aufweist. „Nur im Bereich der Elbuferpromenade war ein Befall zu verzeichnen“, wie Rathaussprecher Michael Reif auf Volksstimme-Nachfrage erklärt.

Suche nach Pflanzen-Alternativen

In der Regel trieben die Buchsbäume im Folgejahr wieder aus. „In der Vergangenheit gab es auf den kommunalen Friedhöfen immer wieder Probleme mit den Buchsbäumen an Ornamentbeeten, so dass hier seit einiger Zeit Alternativpflanzen nachgepflanzt werden. In der Regel handelt es sich hierbei um Eiben der Sorte Taxus baccata, Heiligenkraut‚ und Berberitzen, so Michael Reif. Zu Eiben der Sorte Taxus baccata rät auch Martin Cziborra von der Friedhofsgärtnerei Boese. „Auf den Friedhöfen habe ich den Buchsbaum bereits aufgegeben. Da wir auf allen Friedhöfen Pflegegräber betreuen, kann ich sagen, dass in Westerhüsen und Buckau sowie auf dem Ostfriedhof der größte Befall ist“, so der Gärtnermeister. In den letzten Jahren habe die Friedhofsgärtnerei bereits viele Buchsbaumhecken und Kugeln ausgewechselt.

Ohne Frost überlebt die Larve in der Pflanze

„Grund war hier der Pilz Cylindrocladium buxicola. Buchsbaum war mal eine sehr schöne Pflanze für den Friedhofsgärtner, pflegeleicht, anspruchslos bei der Standortwahl, schnittverträglich und kann Trockenperioden überwinden“, so Cziborra. Derzeit haben die Gärtner eine kleine Verschnaufpause. Jedoch könnte bei anhaltend milden Temperaturen Magdeburgs Buchsbäumen ein harter Frühling bevorstehen. Ohne lang anhaltenden Frost können die Larven des Schädlings auf den Pflanzen überleben. Mindestens minus zehn Grad und lang anhaltender Frost ohne Schnee seien nötig, damit der Buchsbaumzünsler erfriert.