Sportler des Jahres 2025
- 02.12.2025 | Uwe Bierschenk
Interview:
Magdeburg: Ehrung der Sportlerinnen und Sportler des Jahres 2025
Zum Jahresende ehrt die Landeshauptstadt – mehr oder weniger regelmäßig – ihre sportlichen Aushängeschilder. Mehr oder weniger deshalb, weil diese Veranstaltung erst coronabedingt und im letzten Jahr auf Grund der Haushaltssperre dem Rotstift zum Opfer fiel. Um so größer war die Freude unter den Athletinnen, Athleten sowie den Trainern und Betreuern dass die Ehren 2025 trotz der ebenfalls äußert angespannten finanziellen Situation stattfinden konnte.
Nicht nur die Stadt Magdeburg, sondern auch unser Randau-Calenberge ist sehr stolz darüber, dass eine dieser Sportgrößen unsere Nachbarin ist: Aileen Wilhelm.
Natürlich Grund genug für unsere Internetseite, mit der gebürtigen Stendalerin ein kurzes Interview zu führen.
Aileen, zunächst gratuliert die Redaktion – sicher im Namen aller Einwohner unsere Doppelortes – ganz herzlich zur Ehrung als Sportlerin des Jahres. Was ist das für ein Gefühl und was bedeutet es Dir ganz speziell?
Erstmal vielen Dank für die lieben Glückwünsche.
Diese Ehrung erfüllt mich mit Stolz. Wenn man so viel Zeit, Kraft und Willen in die Wettkampfvorbereitung investiert, dann wirklich gewinnt und die Heimatstadt das in einem sehr, sehr feierlichen Rahmen würdigt, ist man einfach nochmal (also nach der eigentlichen Siegerehrung) dankbar und glücklich und stolz.
Welche Rolle spielte in Deinem Leben der Sport? Hast Dich das nasse Element schon immer angezogen oder war es eher Zufall, dass Du Kanutin wurdest?
Sport war schon immer Teil meines Lebens und ich bin als Mädchen aus Tangermünde auch schon immer mit dem Wasser, der Elbe verbunden. Als Kind habe ich aber Erfolge im Geräteturnen erreicht. Ich habe sehr viele Jahre geturnt. Neben dem Körpergefühl hat mich das einiges gelehrt: Disziplin, Willen und Grenzen austesten und überwinden. Zum Kanusport bin ich erst später gekommen, da wohnte ich schon in Randau. Mein Mann Tobias war der, der den Drachenbootsport interessant fand und das ausprobieren wollte. Das war so ungefähr 2008. So kam auch ich mit diesem Sport in Berührung, erst aber nur als Zuschauer und Daumendrücker der Ottonen, einem Drachenbootteam des SCM.
Seit wann bist du bei unserem Sportclub Magdeburg?
Ca. 2010 waren wir zu einem Wettkampf in Gartow. Ich als Zuschauer. Es fehlte aber ein Paddler im Team. Mir wurde ein Paddel in die Hand gedrückt und es hieß: „setz dich rein und mach einfach mit“. Und wir haben das Rennen gewonnen. Dieses unglaubliche Glücksgefühl im Team zu erleben, das war dann wohl ausschlaggebend für die Entscheidung, auch ins Boot zu steigen.
Wie sieht Deine persönliche sportliche Bilanz aus?
Neben diversen Deutscher Meister- Titeln bin ich besonders stolz auf den Titel Europameister. Diesen Titel konnte ich bis jetzt 7 mal erringen. Alle im reinen Frauenboot Ü40. Das bedeutet, dass 22 Frauen (20 Paddler, eine Trommlerin und eine Steuerfrau), die mindestens 40 Jahre alt sind, zusammen über die Strecken 200m, 500m und 2000m darum kämpfen, als erste die Ziellinie zu überqueren. Zusätzlich habe ich diverse Vize-Europameister-Titel. In diesem Jahr auch im Mixed- Boot Ü50. In diesem Boot muss man mindestens 50 Jahre alt sein und das Team besteht aus Männern und Frauen. Wir haben über die Strecke 500 m zwei unglaubliche Rennen geliefert, die zu den besten meines Lebens gehören. Besonders schön ist es, dass ich diese Rennen zusammen mit meinem Mann hatte und wir gemeinsam die Siegerehrung erleben konnten.
… aber damit dürfte ja noch nicht Schluss sein, wenn ich Dich richtig verstanden habe. Was sind Deine nahen und weiteren Ziele?
Ziele habe ich natürlich noch.😃 Ich möchte weiter mit meinem Team, den Silverbacks, denen ich seit 2016 angehöre, gute Wettkämpfe erleben und natürlich weiter auch internationale Medaillen erringen. Ein Traum, den ich mir gern erfüllen möchte, ist eine Medaille bei einer Weltmeisterschaft. Den übermächtigen Nationen Kanada, USA, China, aber auch Ungarn, der Ukraine oder der Tschechei einen Platz auf dem Treppchen streitig machen, das ist definitiv ein Ziel. Zusätzlich möchte ich mir einen Platz im Nationalteam Deutschlands erkämpfen.
Deinen Mann hast Du ja quasi auch „mit ins Boot“ geholt….
Wie oben schon erwähnt, war es umgekehrt. Tobias hat diesen schönen Teamsport entdeckt. Zuerst bei den Ottonen des SCM. Er war auch Gründungsmitglied des Beastboots. Das ist ein Magdeburger Drachenbootteam, welches 2015 als reines Männerteam im Smallboot (10 Paddler) im Premiumbereich, also ohne Altersbeschränkung begann. Seit 2016 bin ich bei den Silverbacks aktiv. Deutsche Meisterschaften und internationale Wettkämpfe bestreitet dieses Team in der Seniorenaltersklasse, man muss also mindestens 40 Jahre alt sein.
Was bedeutet eigentlich Drachenboot? Es gibt sicher den einen oder anderen, der damit relativ wenig anfangen kann?
Das Drachenboot hat seinen Ursprung in China. In einem 12,5 m langen, schmalen Boot, welches 250 kg wiegt, sitzen auf 10 Sitzbänken 20 Paddler. 10 paddeln links, 10 rechts. Ein Steuermann steht hinten und steuert das Boot. Ganz vorn sitzt ein Trommler mit Blick in das Boot. Er übernimmt den Schlag (das gleichzeitige Einstechen der Paddel der ersten Reihe im Boot) der Schlagreihe und gibt mit diesem Trommelrhythmus an die weiteren Bänke den Takt weiter. Das A und O ist nämlich, gleichzeitig die Paddel durch das Wasser zu ziehen. In den asiatischen Ländern sind diese Boote schon lange Tradition, in Deutschland gibt es diese Boote seit knapp 40 Jahren.
Du wohnst seit Oktober 2000 in Randau, bist – wie schon erwähnt – verheiratet und hast zwei Söhne. Hast Du die beiden auch angesteckt oder machen die eher ihr eigenes Ding?
Meine Söhne sind natürlich stolz auf ihre sportlichen Eltern, haben aber doch andere Interessen. Unser ältester Sohn rudert seit vielen Jahren. Unser Jüngster hat sich in vielen Sportarten probiert. Nach Breakdance und Parcours ruderte er auch eine Zeit lang, trainiert derzeit aber mehr im Kraftstudio und ist auch gern längere Strecken mit dem Rad unterwegs. Uns war nur wichtig, dass sie sich bewegen und einen Ausgleich zum normalen Alltag haben. In welcher Form, ist dabei egal.
Wir wissen, dass Du Dich neben Sport und Beruf auch noch als stellvertretende Ortsbürgermeisterin für unseren Doppelort engagierst. Was steckt da für eine Motivation dahinter und was sind in dieser Beziehung Deine Ziele?
Gerade in dieser schnelllebigen, ichbezogenen Zeit finde ich es wichtig, den Blick auf die Gemeinschaft nicht zu verlieren. Auch das beruht in Teilen sicher auf den Drachenbootsport. Im Teamsport zählt die Gemeinschaft. Und in unserem schönen Dorf macht es einfach Freude, sich einzubringen. Ich nenne Randau- Calenberge gern Bullerbü von Magdeburg. Da ist die Welt noch in Ordnung. Die Uhren drehen sich nicht so hektisch, man kennt sich, jeder grüßt jeden und wir sind umgeben von wunderbarer Natur. Allein das motiviert schon, mitzuhelfen, dass alle zufrieden sind. Soziale Verantwortung sollte für jeden wichtig sein. Mein Ziel ist es, zu helfen, dass im Dorf alles reibungslos funktioniert, dass die Bürger stolz und zufrieden sind, hier zu leben. Und es gibt einige Dinge, die weiter vorankommen können. Sei es unser Schloß (als große „Baustelle“) oder die geplante Bücher- Telefonzelle.
Du bist in diesem Ehrenamt unter anderem Ansprechpartner für die Vereine und Verbände. Neulich hast Du ziemlich professionell das Jubiläumskonzert unseres regionalen Chores moderiert. Hatte das etwas miteinander zu tun oder war das etwas ganz anderes?
Die Moderation dieses Chorjubiläums war eine ganz neue Herausforderung für mich. Ich singe zwar gern, wenn auch ziemlich schräg. Diesen feierlichen Rahmen mit professionellen Sängern zu moderieren, war toll. Ich habe mich viele, viele Stunden vorbereitet, in die Lieder reingehört, die Texte und Interpretationen gelesen. Strichpunkte zusammengestellt, überarbeitet….
Schon Tage vorher konnte ich vor Aufregung kaum schlafen, denn mir war es wichtig, wie auch im Sport, bestmöglich mit meiner Moderation zu einer gelungenen, perfekten Veranstaltung beizutragen.
Bei Deinen vielen Erfolgen bist Du es sicher schon gewöhnt, auf dem Treppchen oder zumindest auf der Bühne zu stehen. War die Moderation für Dich Neuland und was ging Dir dabei so durch den Kopf? War es das letzte Mal, dass wir Dich auch so erleben durften?
Wie oben erwähnt, war die Moderation dieser Veranstaltung neu für mich. Im Sport, vor Sportler zu reden ist anders. Da bewege ich mich auf vertrautem Boden. Ich war aufgeregt, wollte mich auf keinen Fall „verhaspeln“. Dass das dann aber so gut, hat mich erleichtert. Das Feedback des Chors, der Zuhörer und Gäste tat unheimlich gut. Obwohl ich ja hier eigentlich nur eine Nebenrolle spielte.😃
Ich glaube nicht, dass das meine letzte Moderation war. Ich wurde bereits gefragt, ob ich auch das nächste Jubiläum des Chors moderiere. Hier habe ich gern schon zugesagt. Und bis dahin sind es ja nicht mal mehr fünf Jahre. 😉
Liebe Aileen, wir danken Dir ganz herzlich für das Interview und wünschen Dir von ganzem Herzen alles Gute, eine schöne (Vor-)Weihnachtszeit und jede Menge weiterer sportlicher Erfolge!



