Der neue Bußgeldkatalog
Stand: 09. November 2021, 00:01 Uhr
Straßenverkehrsordnung
Der neue Bußgeldkatalog gilt – und bringt mehr Fahrverbote mit
Lange wurde darüber diskutiert, nun ist er auch in Kraft: der neue Bußgeldkatalog. Mit dem Regelwerk werden die Bußgelder teils verdoppelt. Empfindliche Strafen drohen etwa, wenn keine Rettungsgasse gebildet wird. Auch werden künftig nicht nur Raser und Falschparker härter sanktioniert, sondern auch Fahrrad- und LKW-Fahrer müssen mit neuen Strafen rechnen.
Ganz neu steht im nun geltenden Bußgeldkatalog „dass rechtsabbiegende LKW beim Abbiegen Schritt-Geschwindigkeit fahren müssen“, erklärt Rechtsanwalt Thomas Kinschewski im MDR Podcast „Der Rechthaber“. Sollte der LKW schneller fahren, dann kostet es 70 Euro – auch wenn gar nichts passiere – 70 Euro. „Das entspricht auch so ein bisschen dem Zeitgeist“, kommentiert der Experte.
Kein Platz für Rettungsgasse: 240 Euro, zwei Punkte und Fahrverbot
Ein anderes, ähnlich „dolles Ding“ ist laut Thomas Kinschewski die Novellierung der Strafen zur Bildung einer Rettungsgasse. Auch da koste es künftig ordentlich. „Wenn ich einfach nur nicht Platz mache, ansonsten aber gar nichts weiter passiert, dann bin ich mit 240 Euro, zwei Punkten und einem Monat Fahrverbot dabei.“ Sollten in einem solchem Fall auch noch andere Menschen durch das Verhalten des Autofahrers gefährdet werden, dann erhöhten sich die Strafen noch. „Da hat man dem Bedürfnis der Bevölkerung ein bisschen Rechnung getragen. Das wurde auch gar nicht groß diskutiert.“
Dagegen ist definitiv längere Zeit über die Strafen für zu schnelles Fahren diskutiert worden. Der Streit über den neuen Bußgeldkatalog zog sich seit Februar vergangenen Jahres hin. Damals war die Änderung der StVO beschlossen, dann aber wegen eines Formfehlers wieder kassiert worden. „Das war mal eine kleine Klatsche“, sagt Anwalt Thomas Kinschewski. Deshalb galten die alten Strafen weiter, bis nun am 9. November das aktuelle Regelwerk in Kraft trat.
Statt Fahrverboten: höhere Strafen für Raser
Lange wurde politisch vor allem um die ursprünglich geplanten, härteren Strafen bei zu schnellem Fahren gestritten. Es sollten häufiger Fahrverbote verhängt werden. Diese kommen nun nicht, stattdessen einigten sich Bund und Länder darauf, Bußgelder zu erhöhen. „Dass mit dem Rasen ist immer noch ein Schwerpunkt“, sagt Thomas Kinschewski. So müssen Auto-Fahrer, die innerorts zwischen 16 und 20 Kilometer pro Stunde zu schnell fahren, jetzt 70 Euro statt bisher 35 Euro zahlen.
„Aber Punkte, die gibt es wohlgemerkt erst ab 21 km/h zu schnell innerorts“, sagt der Rechtsanwalt aus Dresden. Hart werde es erst für Leute, die in der Stadt mit 91 statt Tempo 50 fahren. „Auf so einer Stadtautobahn oder auf einer Schnellstraße kann das schon mal passieren. Das sind dann bald 400 statt 200 Euro.“ Hinzu kämen bei diesem Vergehen offenbar nach wie vor zwei Punkte in Flensburg und ein Monat Fahrverbot.
Auch Falschparker können Punkte bekommen
Jetzt könnte es auch für Falschparker Punkte beim Kraftfahrt-Bundesamt im Norden Deutschlands geben. Etwa „wenn ich in zweiter Reihe jemand behindere oder gefährde“, erklärt Anwalt Thomas Kinschewski. Dies könne geschehen, wenn die Feuerwehr nicht durchkomme. „Ich habe das schon gesehen: Ein Falschparker in zweiter Reihe. Die Männer der Feuerwehr mussten runter von ihrem Auto und dann – vier Mann vier Ecken – und die Kiste war beiseitegeschafft und lag irgendwo auf der Seite.“ Ab sofort gibt es für den Autofahrer dann Punkte in Flensburg.
„Ich gebe zu, dass ist kein Kavaliersdelikt“, so Thomas Kinschewski. Doch auch das falsche Parken auf einem Behinderten-Parkplatz oder das widerrechtliche Parken an einer Ladesäule für E-Autos „kostet ab sofort richtig Geld“. Ebenso wie das zu nahe Parken an einer Kreuzung. „Früher waren das 15 Euro und nun sind es 55 Euro. Das bringt doch einigen Druck auf die Falschparker.“
Das sind konkrete Neuregelungen des Bußgeldkatalogs:
- Autofahrer, die innerorts mit 16 bis 20 Kilometer pro Stunde zu viel geblitzt oder gelasert werden, zahlen künftig 70 statt 35 Euro.
- Je schneller, desto teurer: Wer innerhalb eines Ortes zum Beispiel mit 91 km/h statt der erlaubten 50 rast, zahlt, wenn er oder sie erwischt werden, künftig 400 statt 200 Euro, und so weiter.
- In vielen Fällen – also bei den Stufen der Geschwindigkeitsüberschreitungen – handelt es sich um eine Verdopplung der Bußgelder.
- Fahrer, die ihr Auto im allgemeinen Halte- oder Parkverbot abstellen, werden künftig ein Knöllchen von bis zu 55 Euro statt wie bisher bis zu 15 Euro bekommen.
- Neu ist: Unberechtigtes Parken auf einem Parkplatz für E-Autos und Carsharing-Fahrzeuge hat ein Verwarnungsgeld von 55 Euro zur Folge.
- Wer unberechtigt auf einem Schwerbehindertenparkplatz parkt, muss mit einem Bußgeld von 55 Euro – statt wie bisher 35 Euro – rechnen.
- Wer keine Rettungsgasse bildet oder sie gar missbraucht, muss mit einem Bußgeld von 200 bis 320 Euro sowie einem Monat Fahrverbot rechnen.
- LKW-Fahrern, die gegen die neue Pflicht verstoßen, beim Rechtsabbiegen innerorts mit Schrittgeschwindigkeit zu fahren, drohen 70 Euro Verwarnung.
- Die vorschriftswidrige Nutzung von Gehwegen, Radwegen und Seitenstreifen wird mit bis zu 100 Euro statt 25 Euro Geldbuße geahndet.
- Das Verursachen von unnötigem Lärm und vermeidbarer Abgasbelästigung sowie dem unnützen Hin- und Herfahren wird von bis zu 20 Euro auf bis zu 100 Euro angehoben.
- Wer eine amtlich gekennzeichnete Feuerwehrzufahrt zuparkt oder ein Rettungsfahrzeug behindert, muss mit 100 Euro Bußgeld rechnen. (Bei schweren Verstößen sind auch höhere Strafen möglich.)
- Manche Verstöße werden auch für Radfahrer teurer, wie der ADFC erläuterte. Dies gelte dann, wenn Radfahrer vorschriftswidrig auf einem Gehweg fahren. Wenn dann ein Unfall verursacht wird, kostet das künftig 100 Euro.
Anmerkung:
In einer ersten Fassung des Artikels stand, dass der neue Bußgeld-Katalog ab 10. November gilt. Er tritt aber bereits am 9. November in Kraft. Wir haben das im Text entsprechend geändert.
Quelle: MDR Umschau/ mpö/ dpa